Von: B.D.
Dauer der Verschickung: 7 Monate
Bericht: Ich bin 1947 geboren und war, wie die meisten Kinder damals, sehr dünn und wohl auch unterernährt. Deshalb schickte meine Mutter mich zur „Erholung“ und zum dicker werden nach Weilmünster im Taunus. Im Februar 1959 ging es dann mit vielen anderen Kindern vom Hauptbahnhof Hamburg nach Weilmünster.
Wir waren dann in einem Großschlafsaal mit mindestens 30 Betten untergebracht.
Ich litt extrem unter Heimweh und war Tod unglücklich. Es herrschte ein äußerst rauer Ton der dortigen Erzieherinnen. Ich war ständig krank mit hohem Fieber und Halsentzündungen. So wurden aus 6 Wochen 7 Monate, weil ich bei jedem Transport nach Hause vor lauter Aufregung krank wurde. Es gab verdorbenes Essen, die Briefe nach Hause wurden kontrolliert, wir wurden mit „Einzelhaft“ bestraft. Erbrochenes musste aufgegessen werden und die Zeituhr stand neben dem Teller. Es gab kein liebes Wort. Jeden Tag mussten wir 3 Stunden Liegekur machen. Es war Folter. 7 Monate kein Besuch. Da ich im Februar ankam und erst im August wieder nach Hause kam, musste meine Mutter mir Sommer Kleidung dort hinschicken.
Vorher war ich schon einmal verschickt, und zwar nach Moorwerder bei Hamburg. Das muss zirka 1955/56 gewesen sein und dauerte 6 Wochen. Das gleiche Prozedere wie in Weilmünster. Hinzu kam allerdings ein Ereignis, was bis heute in meinem Kopf ist. Die Köchin nahm sich vor uns Kindern in der Elbe das Leben. Traumatisch bis heute. Ich leide seitdem unter immer wieder kehrenden Depressionen, die lange nicht akzeptiert habe. Zu Hause wurde nie über diese Zeiten gesprochen.
Anonymisierungs-ID: ato