25826 St. Peter-Ording, 1966

Ich kann das nicht vergessen

Von: A.K.

Name des Trägers: Caritas (glaube ich)

Dauer der Verschickung: 6 wochen
Bericht: Ich war 6 Wochen dort. Im Essraum bekamen wir „Dünnen“ immer nur sehr süßes Essen und die „Kräftigen“ bekamen nur herzhaftes! 
Morgens gab es Milchsuppe und wenn man erbrach, musste man weiteressen. Ich hatte eine Taktik entwickelt: Essen bis der Mageninhalt in den Mund schiesst, dann alles ganz schnell mit dem Rest des Essens runterschlucken. Also schnell Löffeln, Löffeln und Löffeln – ohne Luft zu holen. Das war eine Tortur, aber besser als das Erbrochene neu aufzulöffeln.

1 x in der Woche kam der Arzt. Er saß vorne, neben ihm standen rechts und links eine „Schwester“.

Wir standen in zwei langen Reihen aufgereiht. Eine Seite Jungen und eine Seite Mädchen. Ich schätze wir alle waren im Alter 8/9 und so 13/14. Alle Kinder waren nur in Unterhose bekleidet. Die Mädchen schämten sich und die Jungen hatten ihren Spaß an den Mädchen, die sich entwickelten. Einzeln musste man vor den Arzt treten. Dieser sah einen an, nahm das Gummi der Unterhose, zog es nach vorne, schaute rein und ließ das Gummi los. Ich wußte nicht, was er da machte, aber ich fühlte, dass das eine komische, sehr unangenehme und beschämende Angelegenheit war.

Es sprach sich rum, dass wenn man Durchfall hatte, man auf die Krankenstation kam und dieses furchtbare Essen nicht mehr essen musste. Also sagte ich, dass ich Durchfall hätte. Auf der Krankenstation waren Kinder, die ich nicht kannte und am späten Abend kam die „Herbergsmutter“ wie in einem schlechten Film rein und sagte, dass wir mit niemandem über das sprechen durften, was wir da sahen. Ich weiß nicht, was ich da gesehen haben soll. Aber ich weiß bis heute, dass ich Angst hatte.

In der Mittagsruhe mussten wir still in unserem Bett liegen, die Türen waren auf und auf dem Gang ging eine „Schwester“ auf und ab und hielt Wache! Schrecklich.

Heute bin ich 66 und finde das alles immer noch schlimm! Ich kann das nicht vergessen! Meine Eltern leben nicht mehr und ich kann sie nicht mehr fragen, wie das Heim hieß! 

Das ist meine Geschichte dazu. Mein Mädchenname ist A. W. 

Ein paar Jahre später kam ich mit meiner kleinen Schwester in Kur in den Odenwald. Ich werde sie fragen, ob ich unsere Geschichte von dort auch aufschreiben darf.

Anonymisierungs-ID: asm

SPENDEN

Vielen Dank, dass Sie sich für eine Spende interessieren:

AKV NRW e.V.

IBAN DE98 3206 1384 1513 1600 00

Für eine Spendenquittung bitte eine E-Mail an:
Detlef.Lichtrauter@akv-nrw.de

Datenschutz-Übersicht

Diese Website verwendet Cookies, um Dir die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in deinem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Wiedererkennen von dir, wenn du auf unsere Website zurückkehrst, und hilft unserem Team zu verstehen, welche Abschnitte der Website für dich am interessantesten und nützlichsten sind.