59505 Bad Sassendorf

Vorzeitige Heimreise nach verbotenen Süßigkeiten

Name: N.D.

Zeitpunkt der Verschickung: 1979 oder1980

Ich (Jahrgang 1974) war als Kind immer etwas pummelig, nie dünn, wie die
meisten Eltern es gern gehabt hätten, aber auch nicht adipös. Meine
Mutter war damals mit mir alleinerziehend und war mit guter Ernährung
überfordert, da sie Vollzeit arbeiten gehen musste UND mich versorgen
musste, so man es denn „Versorgung“ nennen konnte. Sie wollte mich dünn
haben, so wie die anderen Kinder waren.

Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wann genau ich verschickt
wurde. Es stand im Raum, dass ich „zu dick“ sei und ich in einer
Kurklinik richtige Ernährung gezeigt bekommen sollte.

Ich denke, ich war damals 5 oder 6 Jahre alt, kurz vor der Einschulung
in die Grundschule, also ca. 1979 oder 1980.

Ich bin damals in die Klinik nach Bad Sassendorf verschickt worden, an
den Aufenthaltszeitraum kann ich mich ebenfalls nicht mehr genau
erinnern, ich weiß nur noch, dass meine Mutter mich früher abgeholt hat,
als ich eigentlich bleiben sollte.

Ich kann mich daran erinnern, dass ich – also ein „zu dickes Kind“ – mit
einem magersüchtigen Kind im selben Zeitraum in der Klinik war. Dieses
Kind war ein Mädchen, ungefähr in meinem Alter. Sie hatte Geburtstag in
der Klinik, es gab damals auf den Fluren der Klinik mehrere deckenhohe
Wandschränke mit weißen Türen. Eigentlich sollten diese Schränke
abgeschlossen sein. Waren sie aber nicht; die „Geburtstagsgeschenke“ für
das magersüchtige Mädchen waren in einem der Wandschränke abgestellt.
Der gesamte Schrank war vollgestopft mit Süßigkeiten; die waren für
jenes magersüchtige Mädchen vorgesehen, so wollte man sie quasi „mästen“
und ihr mehr „Speck auf die Rippen“ bringen.

Dummerweise habe ich als „zu dickes Kind“ immer schon ein gutes Gespür
für versteckte Süßigkeiten gehabt – also habe ich mich darüber
hergemacht und heimlich jede Nacht nach und nach die Süßigkeiten für das
andere Mädchen aufgegessen. An das Essen, das wir Kinder generell
bekommen haben, kann ich mich nicht mehr erinnern. Dunkel erinnere ich
mich, dass die Zimmer, in denen wir geschlafen haben, sehr sehr klein
waren; ich war mit mindestens einem weiteren Kind in einem Zimmer, ggf.
können es auch zwei Kinder außer mir gewesen sein.

Die Klinikleitung hat mich irgendwann nachts beim Süßigkeiten essen
erwischt und erbost meine Mutter angerufen, diese musste mich nach
wenigen Tagen Aufenthalt dann wieder abholen – ich wog damals bei
Abholung mehr als bei „Einlieferung“.

Als traumatisch habe ich den Aufenthalt nicht empfunden, da ich immer
schon ein eher distanziertes Verhältnis zu meiner Mutter hatte. Ob ich
nun bei ihr, bei meinen Großeltern oder woanders war, war mir damals
relativ egal (so traurig sich dies anhört).

Anonymisierungs-ID: aoy

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