Von E.S.
Auch ich bin 1955 als 10-Jährige in ein Kinderheim für Mädchen in Fischen im Allgäu geschickt worden. Einiges von Ihrem Erlebten kann auch ich bestätigen. Auch wir wurden gezwungen, unsere Teller leer zu essen. Ein schmächtiges Mädchen erbrach sich regelmäßig und wurde gezwungen, das Erbrochene aufzuessen. Ich wurde krank und musste bettlägerig eine ganze Weile einsam in unseren riesigen Schlafräumen verbringen. Lediglich zu den Essenszeiten kam Jemand und brachte mir das Essen. Ich hatte arges Heimweh und schrieb nach Hause. Aber Karten und Briefe wurden offenbar kontrolliert und kamen nie an. Die sanitären Anlagen, speziell die Toiletten, waren total verschmutzt. Die Exkremente standen bis oben in den Toiletten und man hatte Angst, sich da hineinzusetzen. Vor der Heimreise wurden wir in Liegestühle nach draußen verfrachtet und mit Schweineschmalz eingerieben. Dort mussten wir in der Mittagssonne bräunen, damit wir gesund aussehend nach Hause kamen. Ich habe das Erlebte verdrängt und kein Trauma erlitten. Ich weiß aber, dass viele dies nicht konnten und noch heute darunter leiden. Merkwürdig, dass diese Geschehnisse erst in jüngster Zeit aufgearbeitet werden. Aber es haben viele auch lange gebraucht, darüber reden zu können und sich anzuvertrauen.
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