Wir sind nicht allein

Die Gemeinschaft macht's. AKV-Vorsitzender Detlef Lichtrauter und AKV-Botschafter Janus Fröhlich beim Gruppenfoto.

Ein Tag voller Begegnung, Emotion und Verbundenheit

Der 3. Begegnungstag der Verschickungskinder NRW am 11. Oktober 2025 war ein Erfolg. Weit über 100 Menschen aus NRW und der ganzen Bundesrepublik kamen zum dritten Mal in Dorsten zusammen und erlebten einen überaus intensiven Tag voller Begegnungen und einem tiefen Gefühl der gegenseitigen Solidarität.
von Bastian Tebarth
Ehemalige Verschickungskinder und Angehörige bei der offiziellen Eröffnung im großen Saal des Treffpunkt Altstadt

Am Ende des Tages war es deutlich zu spüren.
Aber auch zwischendurch, in vielen kleinen Augenblicken, war dieses Gefühl da – Teil einer Gemeinschaft zu sein.
Eine Solidargemeinschaft, die trägt, weil sie aus gegenseitiger Achtsamkeit und Selbstfürsorge entsteht.
Menschen, die über Jahrzehnte hinweg mit ihren Erfahrungen aus der Kinderverschickung allein waren, kamen in Dorsten zusammen, um sich zuzuhören, miteinander ins Gespräch zu kommen – und sich gegenseitig zu stärken.

Der vom Verein AKV-NRW e.V. zum dritten Mal im Dorstener Treffpunkt Altstadt veranstaltete „Begegnungstag“ wurde seinem Namen vielleicht noch mehr als in den Vorjahren gerecht. Die ehemaligen Verschickungskinder konnten einander begegnen, sich austauschen, sich solidarisieren. Etwas, was ihnen in den Kinderkuren verwehrt blieb. 

Bereits am Vormittag füllte sich der große Saal mit gespannter Erwartung. Bürgermeister Tobias Stockhoff eröffnete den Tag mit einer einfühlsamen Rede, die Empathie und Anerkennung spürbar machte. Er würdigte das Engagement des AKV für die Aufarbeitung der Kinderverschickungen in Nordrhein-Westfalen – und sprach von der Verantwortung, „diese Kapitel der Geschichte nicht zu vergessen, sondern daraus Zukunft zu gestalten“.

Der Bürgermeister von Dorsten, Tobias Stockhoff, hatte es sich trotz Geburtstag seiner Tochter nicht nehmen lassen, auf ein Grußwort im Treffpunkt vorbei zu kommen
Detlef Lichtrauter dankt Tobias Stockhoff für dessen Gastgeberschaft mit einem kleinen Präsent

Als Zeichen des Dankes erhielt er ein symbolträchtiges Geschenk: den Kinderbuchklassiker „Das kleine Ich-bin-ich“– ein Buch über Selbstfindung, Zugehörigkeit und Identität. Es steht für das, was vielen Verschickungskindern damals verwehrt blieb: das Gefühl, gesehen, gehört und angenommen zu werden.

Die Erfahrungen aus der Kinderverschickung sollen nicht vergessen, nicht verdrängt, sondern verstanden werden. Es geht um Heilung, nicht um Verdrängung. Und genau das war an diesem Tag zu spüren. Die Stimmung schwankte zwischen der Schwere gemeinsamer Erinnerungen und einer sich über den Tag immer stärker entfaltenden Atmosphäre der Befreiung.

Die ehemalige Vorständin und der neue Finanzvorstand: Regina Konstantinidis und Michael Millgramm vom Verein AKV waren beim Begegnungstag wieder in vollem Einsatz: mit Jonglierbällen oder Fotokamera, hier im regen Austausch, wer das bessere Selfie geschossen hat.
Am Anfang des Tages war bei dem ein oder anderen noch die Anspannung anzusehen, hier bei der Begrüßungsrede des Bürgermeisters. Der Anlass, sich einmal im Jahr zu treffen, ist für die meisten kein einfacher.
Ein Garant für eine positive Grundstimmung war wieder Dietmar Schmitz. Das liegt vor allem an seiner Kochleidenschaft und seiner fürsorglichen Art, die Besucher:innen mit seinen Köstlichkeiten zu verpflegen.

Durch den Tag führte wieder Detlef Lichtrauter, erster Vorsitzender des AKV und Pressesprecher des CSP-KV-NRW. Souverän, locker, witzig und dabei gefühlsbetont – Detlef begleitete die Besucher:innen auf seine unnachahmlich leichtfüßige Art durch einen nicht immer einfachen Tag. Denn es flossen auch Tränen – nicht wenige der über 100 Anwesenden waren erstmals bei einem Begegnungstag, sodass die Gesprächsangebote der therapeutisch geschulten Kräfte Marianne Mayland, Klaus Schmidt-Bucher und Maria Dickmeis ausgebucht waren. 

Viele erinnerten sich an Einsamkeit, Ohnmacht, Scham, Wut oder Trauer – Gefühle, die in der Kindheit keinen Platz finden durften. Doch in Dorsten durften sie Raum haben. Und sie wurden aufgefangen von der wachsenden Gewissheit: Heute sind wir nicht mehr allein.

Begrüßungsrede
Detlef Lichtrauter würdigte alle Beteiligten und Sponsoren des Begegnungstages, weshalb seine Dankesrede lang war: So viele Menschen sind an dem Tag beteiligt und die gehören deswegen auch gewertschätzt. Detlef sorgte aber mit seinen Rednerqualitäten dafür, dass niemandem die Danksagung "zu lang" wurde.

Detlef Lichtrauter stellte in seiner Begrüßungsrede das Programm vor. Das bot wieder eine große Bandbreite an Angeboten zwischen Austausch, Kreativität und Selbstfürsorge. Nach der feierlichen Eröffnung im großen Saal begannen die Workshops:
Historikerin Carmen Behrendt leitete den Kurs „Meine Geschichte recherchieren“, in dem Teilnehmende lernten, ihre eigene Verschickungserfahrung historisch einzuordnen. Maria Dickmeis zeigte Methoden, um Stress und belastende Gefühle zu lindern, während Frauke Kretzer mit Yoga für Ruhe und Achtsamkeit sorgte. In der Schreibwerkstatt von Sabine Samonig entstanden persönliche Texte zwischen Erinnerung und Selbstermächtigung, und Christine Lüke gestaltete mit Teilnehmenden im Kreativworkshop „Ich bin Ich“ farbenfrohe, identitätsstärkende Stoffwerke. Joachim Desens moderierte das Treffen der „Aprather“, das Raum für Aufarbeitung und Vernetzung bot, Silke Gessmann brachte beim „Dorstener Treff“ erstmals ehemalige Verschickungskinder aus der Region zusammen, und Dietmar Schmitz lud zum gemeinsamen Kochen, Entspannen und Genießen ein. Im Bürgerbahnhof Dorsten vermittelte Detlef Lichtrauter im Cajón-Kurs Rhythmus und Energie, während Inge Lüttkenhorst spontan ihren Singworkshop vom Bürgerbahnhof in den großen Saal verlegte und für berührende Momente des Miteinanders sorgte. Am Nachmittag ergänzten Regina Konstantinidis und Tobias Schneider das Programm mit einem lebendigen Jonglierkurs, Claudia Bucher bot einen Workshop zu Selbstfürsorge und Bedürfnissen, und Markus Schnermann las bewegend aus seinem Buch „Wenn aus Trauma Freiheit wird“. Eine Stadtführung mit Barbara Seppi rundete den Tag ab – ein vielseitiges Programm, das Begegnung, Heilung und Gemeinschaft auf ganz unterschiedliche Weise erfahrbar machte.

Ein besonderes Highlight war wieder der Auftritt von Ex-Höhner Janus Fröhlich. Der Botschafter der nordrhein-westfälischen Verschickungskinder sang wieder mit allen den Höhner-Klassiker „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ Ein mitreißendes Stück von den Höhnern, das Mut macht, sich zu zeigen, laut zu sein, den Moment zu nutzen.

Begleitet wurde Janus, der einen Tag später seinen 75. Geburtstag feierte, wieder von Detlef auf der Cajón und erstmals von Leonie am E-Piano. Die Tochter von Projektleiterin Michaela Stricker war wieder mit ihrem Bruder Kolja auf dem Begegnungstag überall, wo Hilfe nötig war. Eine Teilnehmer:in fasste das Engagement der beiden Teenager so aus: „Ihr Blick auf das, was gerade nötig ist und ihre Zuwendung zur Community 🙏. Man möchte sie immer um sich haben.“ 

Janus Fröhlich stimmt gemeinsam mit dem Saal "Wenn nicht jetzt, wann dann" an.
Janus ist dem Verein ein treuer Botschafter und kommt sogar einen Tag vor seinem 75. Geburtstag mit dem Auto aus Köln nach Dorsten.

Der Begegnungstag in Dorsten war mehr als eine Veranstaltung – er war ein Raum des Vertrauens, der Erinnerung und der neuen Gemeinschaft.
Er zeigte, dass Aufarbeitung lebendig bleibt, wenn Menschen zusammenkommen, sich erinnern, austauschen und gemeinsam weitergehen – mit offenem Herzen, mit Mut und mit Musik.

Ihr Lieben alle, ein ganz, ganz herzliches Dankeschön für euer großes Engagement. Ihr habt zum 3. Mal für uns einen wunderschönen Begegnungstag gestaltet. Meine beiden Workshops haben mir viel Freude gemacht. Schade, dass man nicht an allen gleichzeitig teilnehmen kann. Was für mich besonders schön war: Sabine Samonig endlich direkt kennenlernen zu können, vier von unserem „Achtsamkeitszoom“ persönlich zu treffen und mich zum Cajon Workshop zu trauen. Auf der Heimfahrt, begleitet vom Alpenveilchen, hatte ich die ganze Zeit die Cajon-Rhythmen und unser „Wenn nicht jetzt“-Lied im Kopf. Gut, im Auto unbeobachtet singen und Ba, Ba, Tone, Tone auf das Lenkrad trommeln zu können. Wenn ich daran zurückdenke, mit wieviel Anspannung ich zum ersten Mal nach Dorsten fuhr, hat sich so viel verändert! Das ist mit Sicherheit euch allen zu verdanken. Liebe Grüße Gudrun

Ein herzliches Dankeschön gilt den großzügigen Unterstützer:innen:

  • Landpark / Stiftsquelle Dorsten für das gesunde Wasser und Wasser mit Geschmack,

  • Schokoladen-Outlet.de für die süße Füllung unserer Candy-Bar,

  • Tempelmann für die Kaffeespende,

  • Bäckerei Spangemacher für die frischen Brezeln,

  • Blumenmarkt Buddes Hof für die schönen Alpenveilchen,

  • Zirkusschule Latibul aus Köln für das kostenfreie Jonglage-Material,

  • Rolf Bücker Catering für das reichhaltige Mittagessen,

  • Hellweg-Baumarkt Dorsten für die grünen Topfpflanzen.

  • Bürgerbahnhof Dorsten für Räume und Kuchen

 

  • und den vielen Kuchenspender:innen aus der Community!

 

Dank dieser Beiträge konnte der Begegnungstag in einer warmen, einladenden Atmosphäre gestaltet werden.

Der Begegnungstag lebt von der Gemeinschaft der Verschickungskinder. Wir danken allen, die uns geholfen, gebacken und spontan mitzugepackt haben. Das Projektteam dankt insbesondere für ihre außerordentliche Unterstützung Sonja Schwarz, Silke Gessmann, Claudia Millgramm, Jutta Redecker und Gertrud Lichtrauter. Ohne euch hätten wir den Tag nicht stemmen können!

Und ein besonderer Dank gilt natürlich wieder dem Treffpunkt Altstadt und seinem Team!

Dank gilt nicht zuletzt dem Land NRW, das den Begegnungstag finanziell fördert.
Alle Fotos: Regina Konstantinidis und Bastian Tebarth

SPENDEN

Vielen Dank, dass Sie sich für eine Spende interessieren:

AKV NRW e.V.

IBAN DE98 3206 1384 1513 1600 00

Für eine Spendenquittung bitte eine E-Mail an:
Detlef.Lichtrauter@akv-nrw.de

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