Die Autorin
Gudrun Güth schreibt über sich, dass sie nach einem Studium der Anglistik und Romanistik eine Doktorarbeit über den britischen Arbeiterroman verfasst hat. Sie arbeitete als Lehrerin und Ausbilderin für angehende Lehrpersonen. In der Ruhrregion ist sie bei verschiedenen kulturellen Initiativen ehrenamtlich tätig. Als Autorin verfasste sie Lyrik sowie Kinder- und Jugendbücher. Irrlichtern ist ihr erster Roman. Auch sie war ein Verschickungskind und kam nach mehreren Verschickungen “deutlich unerholt und verändert nach Hause” (S. 5).
Historischer Hintergrund
Der geschichtliche Hintergrund der millionenfachen Verschickungen zwischen 1950 bis etwa 1990 kann in den anderen Büchern sowie auf der Homepage des AKV NRW nachgelesen werden. “Handlungen, Charaktere und Tatort von “Irrlichtern” sind frei erfunden”. Aber das eigene Erleben als “Verschickungskind” spielte eine Rolle.
Handlung
Nach dem Tod ihrer Mutter fährt Clara bewusst/unbewusst mit dem Zug genau in den Ort, an welchem sie als Kind ein Verschickungskind gewesen war. Sie hat Schuldgefühle wegen des Todes der Mutter und gleichzeitig fühlte sie sich Als Kind durch die Verschickung in das “Heim” Rosentor von den Eltern nicht geschützt. Schon auf der Fahrt erlebt sie traumatische Erinnerungen (Flashbacks). “Ich beschloss, hier am Meer zu bleiben, in der Nähe des ehemaligen Kinderkurheims” (S. 12). Ihr Freund Patrick kommt nach und beide leben in einem gemieteten Haus mit Garten. Zur gleichen Zeit nimmt sich die überlastete Pflegerin Anke eine Auszeit und mietet sich in der Nähe ein. Sie lernt Jens den Fotografen kennen. Dieser vermittelt die Saxofon spielende Anke an eine örtliche Band.
Drei Strandkörbe werden angezündet. Anfangs weiß man nicht, wer die Täter sind. Clara lernt das fünfjährige Heimkind Gesche kennen. Den Tod der Mutter hat Clara noch nicht verarbeitet und erlebt zunehmend verschiedene Phantasien. Clara, Patrick und Anke lernen sich kennen. Die beiden Frauen kümmern sich um das Kind Gesche. Vor allem für Clara scheint Gesche eine Verkörperung des eigenen Selbst von ihrer Zeit als Verschickungskind zu sein. Mit den Worten von Patrick häuften sich ihre “verrückten Stimmungen” (S. 31).
Mysteriöse Ereignisse treten auf: Jemand zündet nachts Schafe am Strand an. Seit diesem Vorfall, ist Gesche verschwunden. Anke suchte Gesche. Plötzlich steht Clara neben ihr und zeigt auf ein kleines Boot im Meer. Sie hat die Phantasie, dass Gesche sich darin befinden sollte. Ihre Intuition stimmt und Gesche kann gerettet werden.
Clara verschmilzt psychisch immer öfters mit Gesche. In der Badestube kommt die Erzieherin von Gesche durch einen Stromschlag zu Tode.
Dann erleidet Clara einen Zusammenbruch und wird von Patrick in eine psychiatrische Klinik auf dem Festland gebracht.
Gesche verursacht einen Brand in der Kirche und Clara beendet ihren Aufenthalt in der Klinik. Ihre düsteren Phantasien sind noch da.
Zurück auf der Insel rettet Clara das Mädchen Gesche aus dem brennenden “Heim” Seepferdchen.
Epilog
Im Nachwort, welches ich hier nicht wiedergeben möchte, kommt es zu Klärungen aber auch zu neuen Rätseln. Die ansteigende Spannung entsteht auch durch die unklaren Grenzen zwischen Realität und Phantasie.
An wen richtet sich das Buch?
Die Erzählung ist sehr dicht geschrieben. Man muss beim Lesen mitgehen sowie die unendliche Einsamkeit von verlassenen Kindern nachempfinden können. Viele Kinder in diesem Alter fühlen sich, neben dem körperlichen und seelischen Schaden, den sie in “Kurheimen” erleiden, zusätzlich noch selber schuldig. Unbewusst denken sie, sie hätten etwas Schlechtes getan und die Eltern hätten sie deshalb verstoßen.
Autor
Nando Belardi