55543 Bad Kreuznach, 1961, 40545 Oberkassel

Dann zog er eine Spritze auf und begann mich in meinen unteren Bauch zu spritzen

Von: R.K.

Dauer der Verschickung: 6 Wochen

Bericht: Bei meiner ersten „Kur“ war ich fünf Jahre alt. Ich wurde zusammen mit meiner ein Jahr älteren Schwester verschickt. Ich war zu dünn und war Bettnässerin (Bettnässerin geworden, weil mein Onkel mich angefangen hat zu missbrauchen.) Dort im Kinderheim wohnten wir im dritten Stock des Gebäudes, wenn ich mich recht erinnere. Es gab ein großes Treppenhaus, ganz oben auf unserer Etage gab es eine Art Netz aus dicken Tauen, das an allen Seiten des Handlaufs befestigt war. Es war teilweise angerissen und sah schon ziemlich alt aus. Es war als Absturzsicherung gedacht

An jedem Tag den ich eingenässt hatte musste ich über diese Treppe in den Keller. Dort unten wurde ich auch sofort in Empfang genommen. Ich musste mich vor eine schmale Liege stellen. Dann kam ein Arzt. Er hat mich angewiesen meinen Schlüpfer auszuziehen und mich mit dem Rücken auf die Liege zu legen. Dann zog er eine Spritze auf und begann mich in meinen unteren Bauch zu spritzen. Es waren einige Stiche, es tat mir sehr weh. Ich weiß noch, wie der Arzt mich angesehen hat. Später durfte ich dann wieder nach oben gehen. Danach habe ich mich immer im Schlafsaal auf mein Bett gelegt und habe geweint. Für mich war das alles furchtbar. Auch heute noch.

Eine der nächsten Kuren war in einer alten Villa in Oberkassel. Als ich dort hingeschickt wurde, war ich schon etwas älter. Es war für mich genauso schrecklich. Auch dort kam ich wegen meines Bettnässens und meines geringen Gewichts hin.

Das Essen wurde in schönen gepflegten Räumen eingenommen. Die Holzdiehlen waren gebohnert und der ganze Raum roch danach. Jede Woche wurden wir von einem immer schreienden Arzt untersucht. Dazu müssten alle Kinder hintereinanderstehen. Alle hatten nur einen Schlüpfer an. Absolut niemand durfte irgendeinen Laut von sich geben. Es war kalt und wir waren alle von dem gebrüllt des Arztes eingeschüchtert.

Wir mussten immer viel essen, egal ob wir wollten oder nicht. 

Zum Ende der Kur wurden wir dann alle noch einer Lichttherapie ausgesetzt, damit wir mit einer gesunden Gesichtsfarbe nach Hause fuhren.

Anonymisierungs-ID: ajp

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