59505 Bad Sassendorf, 1972

… wenn ich die Narbe an meinem Bauch sehe, werde ich an die Zeit erinnert.

Von: M.B.

Dauer der Verschickung: 6 Wochen

Bericht: Ich wäre fast gestorben!!

1972 wurde ich mit 11 Jahren nach Bad Sassendorf verschickt, um Gewicht zu zunehmen. Mit einem Zettel um den Hals wurden wir mit der Bahn nach Bad Sassendorf verfrachtet.

Im Heim angekommen wurden unsere Sachen durchwühlt und alles untersucht, meinen Teddy

hatte man mir weggenommen da er am Bauch nachgenäht war.

Täglich folgte der gleiche Ablauf, Frühstück, ruhen, ein bissel Schulunterricht, Mittagessen, ruhen, ins Solebad, ruhen, Abendessen und zu Bett. Briefe, die wir schreiben sollten, wurden gelesen und wenn man nicht alles für gut hielt, musste man nochmal schreiben unter Aufsicht.

Nach 14 Tagen wurde mir immer schlecht und musste mich erbrechen, es folgten böse Worte und allein aufs Zimmer. (der simuliert nur wurde gesagt). 

Ein paar Tage später stellte sich hohes Fieber ein, auf Drängen einer Küchenhilfe, die die einzige nette Person in dem Heim war, wurde ich ins Krankenhaus gebracht und kam gleich in den OP. Blinddarm kurz vorm Platzen.

Im Krankenhaus sollten laut Aussage des Heimes meine Eltern mich nicht besuchen. Bis heute weiß ich nicht warum. Im Krankenhaus hatte ich eine herzensgute Ordensschwester, die sich sehr um mich kümmerte, aus dem Heim ist nie jemand gekommen. Leider musste ich das Krankenhaus nach zweieinhalb Wochen in Richtung Heim verlassen. Da wurde gesagt, man hätte mich ja täglich besucht, aber ich hätte geschlafen.

Wieder zuhause angekommen, habe ich unter Weinen erzählt, wie es mir ergangen war, doch keiner hat mir recht geglaubt.

Täglich, wenn ich die Narbe an meinem Bauch sehe, werde ich an die Zeit erinnert.

Anonymisierungs-ID: ako

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