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83661 Lenggries, 1973

Dort wurde ich wiederholt schwer sexuell missbraucht...

Von: M.Sch.


Name des Trägers:
Kostenträger: Barmer Ersatzkasse

Verschickungsort: Kindererholungsheim St. Georgihaus
Zeitpunkt der Verschickung: Sommer 1973
Dauer der Verschickung: 6 Wochen
Bericht: Ich wurde im Sommer 1973 aus Steinfurt/NRW nach Lenggries/Bayern, ins St. Georgi Haus geschickt. Ich war 5 Jahre alt, hatte zuvor eine “Episode „mit einem Pädophilen bei uns auf dem Dorf erlebt, nun empfahl man meinen Eltern diesen 6-wöchigen Aufenthalt zur Erholung.
Sehr früh am Morgen, vermutlich noch nachts, wurde ich am Bahnhof in Steinfurt/NRW in den Zug gesteckt. Dazu gabs ne Tafel Schokolade und 20 DM Taschengeld welches ich ausdrücklich nicht nur in Süßigkeiten umsetzen sollte. Aus meiner Perspektive muss die Fahrt bis nach Lenggries eine Ewigkeit gedauert haben, heute würde sie über 9h dauern. Ich glaube ab dem Zeitpunkt habe ich angefangen zu weinen und erst wieder aufgehört als ich wieder zuhause war.
Ich habe Erinnerungen an einen Schlafsaal wo wir mittags schlafen mussten, an lange Wanderungen in meinen Gummistiefeln die mehr an militärische Märsche erinnerten, inkl. der Blasen. Das Essen war scheußlich, erbrochenes musste ich aufessen. Da ich ja zu dünn war und zunehmen sollte, versuchte man offensichtlich mit Zwang nachzuhelfen. Die Toilettengänge waren reglementiert, wenn mir ein „Malheur“ passierte, wurde ich vorgeführt. Ich erinnere mich an Medizin die ich schlucken musste. Der größte Horror waren aber die Nächte, ich wurde Nachts von einer männlichen Aufsichtsperson „abgeholt“, ich glaube es ging in den Keller. Dort wurde ich wiederholt schwer sexuell missbraucht und damit gedroht, nicht wieder nach Hause zu kommen. Vermutlich war die Medizin die ich bekam ein Sedierungsmittel. Als Folge habe ich so viel Ekel und Scham sowie Angst entwickelt, dass ich mich niemandem anvertraute. Meine größte Sorge war, nicht wieder nach Hause zu dürfen, oder wieder dorthin ins Heim zu müssen. In der Folge wurde ich Bettnässer, dies bis zu meinem 14. Lebensjahr. Da ich darüber hinaus durch das Trauma dissoziative Störungen bzw. Anfälle entwickelte, musste ich die Regelschule verlassen und wurde auf eine Sonderschule für Körperbehinderte eingeschult, offiziell hatte ich nun eine Spastik und galt als dumm, so der O-Ton meiner Lehrer. Es hat mich danach Jahrzehnte gekostet, um von diesem gefühlten Abstellgleis zu entfliehen. Heute bin ich 54 Jahre alt, habe es trotz allem geschafft eine Familie zu gründen, mit einer verständnisvollen Frau und 2 wunderbaren mittlerweile erwachsenen Söhnen.
Gleichzeitig kämpfe ich bis heute mit massiven gesundheitlichen Problemen, einer Depression seit meiner Kindheit, Angst- und Panikattacken, vielen psychosomatischen körperlichen Beschwerden die bei kleinstem Stress getriggert werden.
Mein Beziehungsverhalten zu meinen Mitmenschen ist bis heute massiv beeinträchtigt, immer wieder stelle ich mir die Frage, welche Probleme und Störungen im privaten und beruflichen Kontext ich ohne diese Geschichte hätte vermeiden können.
Neben mehreren Klinikaufenthalten mache ich seit Jahren Therapie, auch Traumatherapie.

Anonymisierungs-ID: afr

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