Alexandra Delacor beim Katholischen Medienpreis 2024 mit Lena Gilhaus

München, 12.11.2024

Es ist eine wichtige Auszeichnung für alle Verschickungskinder und hoffentlich ein Schritt Richtung Anerkennung: Lena Gilhaus erhält den renommierten Katholischen Medienpreis 2024 für den ARD-Film „Verschickungskinder – Missbrauch und Gewalt bei Kinderkuren“. Die Preisverleihung fand am 12. November 2024 in der Katholischen Akademie München statt.   

 

Alexandra Delcor in der ARD-Dokumentation
Quelle: WDR Mediathek

Zu der Preisverleihung war auch eine der Hauptprotagonistinnen des Films Alexandra Delacor aus unserer NRW-Community eingeladen. Als 6jährige hat sie in einem Kinderkurheim der DAK in Bad Sassendorf durch einen Arzt sexuelle Gewalt erfahren. Für uns hat sie ihre Eindrücke des Abends in Worte gefasst. 

 

Von Alexandra Delacor

Der Preis geht an Lena Gilhaus, eine Journalistin, die sich als eine der ersten schon sehr lange mit dem Thema Verschickungskinder beschäftigt. Ich selbst kam 2019 mit ihr in Kontakt und wir haben die ersten Interviews für u.a. für den Deutschlandfunk geführt. Irgendwann hat sie mich gefragt, ob ich nicht auch bei einem Film mitmachen möchte. Ohne viel Nachzudenken habe ich ja gesagt. Was das bedeutet, für welchen Sender, mit welcher Reichweite, das hatte ich damals nicht nachgefragt. Durch unsere vorherige Zusammenarbeit war ich mir sicher, bei einer traumasensiblen Journalistin gut aufgehoben zu sein. Ich wollte einfach meine Geschichte erzählen, die stellvertretend für so viele andere Verschickungskinder steht. Auch war ich mir sicher, mein Erlebtes ist kein Einzelfall – viele andere haben ähnliches erlebt, können sich daran noch nicht erinnern oder einfach nicht darüber sprechen. Wenn ich nicht darüber spreche, wer macht es dann? Wer erfährt dann von den Verschickungskindern? Diese Geschichte darf nicht länger verschwiegen werden und sie muss an die Öffentlichkeit. Bereits beim Dreh des Filmes war mir bewusst, dass der Film gut werden wird. Die sensible Art des Kameramanns Christoph Hößler, Preisträger des deutschen Kamerapreises 2021, hat dazu besonders beigetragen. 

Nun den Medienpreis „mitzuerhalten“ heißt: das Thema der Verschickungskinder ist endlich in der Öffentlichkeit angekommen. Hinter dem Film von Lena Gilhaus stecken ganz viele Menschen, die dazu beigetragen haben. Stundenlang saß zum Beispiel die Cutterin Kirsten Becker an dem Bildmaterial. 

Bei der Preisverleihung ging die Mischung der ausgewählten Beiträge unter die Haut. Letztendlich ging es immer um Systeme, die versagen. Bei drei der Preisträger:innen ging es um Kinder und Jugendliche. Alle verbindet das Thema institutionelles Versagen – egal ob vor vielen Jahren oder aktuell z. B. in El Salvador.

Wir brauchen einfach Journalist:innen, die unbequeme Themen ansprechen. Die den Finger in die Wunde legen, die für die Demokratie eintreten und wir müssen alles dazu tun, dass es weiterhin freien Journalismus gibt. Dass freier Journalismus nicht selbstverständlich ist, wurde mir am Abend noch mal deutlich und dass es einfach Menschen braucht, die ihrem Beruf mit Berufung nachgehen. 

Lena hat bei der Preisverleihung betont, dass der Film nicht ohne die Mitwirkung vieler hätte entstehen können- sie hat allen Beteiligten gedankt, stellvertretend würde sie den Preis erhalten.  Er stehe aber für ganz viele. Als Protagonist/in seine/ihre Geschichte zu erzählen, dazu gehöre sehr viel Mut. Aber es brauche auch den Druck und die Beharrlichkeit von Journalistinnen und Journalisten. 

Auf der Bühne war mir wichtig zusagen, dass sexueller Missbrauch nicht verjähren darf und dass Institutionen auch heute noch besser hinschauen müssen.

Freude über die Anerkennung: von links Alexandra Delacor, Filmemacherin Lena Gilhaus, ihrem Vater Mathias mit seiner Schwester Barbara, beides Verschickungskinder aus dem Film und Kirsten Becker, die den Film geschnitten hat.
Preisträgerin Lena Gilhaus bei der Verleihung Katholischer Medienpreis 2024 in München (12. November 2024) mit Kardinal Reinhard Marx (Vorsitzender der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz) Foto: Deutsche Bischofskonferenz / Robert Kiderle

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