Filmtipp: „Unter Missbrauchsverdacht“ von Lena Gilhaus – jetzt in der ARD Mediathek

WDR:UBSKM : Barbara Dietl
Jeden Tag werden in Deutschland 54 Kinder und Jugendliche Opfer von sexuellem Missbrauch, so Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Der neue ARD-Film von Lena Gilhaus zeigt, warum Kinder in Deutschland nicht ausreichend vor sexuellem Missbrauch geschützt werden. | Bild: WDR/UBSKM / Barbara Dietl
 

Zu sehen in der ARD-Mediathek:

https://www.ardmediathek.de/video/story/unter-missbrauchsverdacht-warum-unsere-kinder-nicht-genug-geschuetzt-werden/das-erste/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLXNvcGhvcmEtMmNiY2Q1NzUtMmNkMi00YjZlLWI2OTAtNmU3ZWM5MGMwZmU2

Laut Bundeskriminalamt sind die Fallzahlen seit 2019 um 20 Prozent gestiegen. Warum ist das möglich? Ein Erzieher z. B. wird über 40 Jahre hinweg an verschiedenen Orten Deutschlands immer wieder des sexuellen Missbrauchs an Kindern verdächtigt und angezeigt. Trotzdem bleibt er über Jahrzehnte im Dienst mit Kleinkindern – hauptsächlich in einer Gemeinde in Bayern. Seine mutmaßlichen Taten verjähren, Ermittlungsverfahren werden wieder eingestellt und von den Verdachtsfällen bleiben nur Gerüchte. „Zu viele. Zu viele Vorfälle. So viele haben was gesehen und bemerkt. Aber es hat keine Konsequenz gegeben“, sagt Ulrike Stahlmann-Liebelt, ehemalige Staatsanwältin und Expertin für Opferschutz.

Diese Dokumentation zeigt das systemische und institutionelle Versagen beim Schutz von Kindern vor Missbrauch und Gewalt. Personalmangel, mangelnde Professionalität in den Einrichtungen und wenig Bewusstsein für Schutzkonzepte sind einige der Ursachen, weshalb es immer wieder zu Missbrauchstaten kommt. Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, bemängelt: „Ich finde es schon frustrierend, um das mal lapidar zu sagen, dass wir wahrscheinlich auch als Gesellschaft mehr Ahnung davon haben zu überprüfen, welches Auto welche Kriterien erfüllen muss, damit ich es kaufe. Statt dass wir wissen: Welche Kriterien muss ich erfüllen, um ein Kind sachgerecht zu schützen.“

Filmplakat, Quelle: WDR
Die „ARD Story“ baut auf der Dokumentation „Verschickungskinder. Missbrauch und Gewalt bei Kinderkuren“ (ARD 3. Juli 2023) auf. Darin werfen zwei Männer jenem Erzieher vor, sie in den 80er Jahren in einem Kinderkurheim in Niendorf an der Ostsee sexuell missbraucht zu haben. Die Ausstrahlung der Sendung führte in Bayern zu viel Aufruhr. Autorin Lena Gilhaus zeigt in der „ARD Story“: Der Fall des Erziehers ist symptomatisch für ein System, das Kinder nicht ausreichend schützt. 
 

Über 15 Millionen Mal sind Kinder in der BRD und der DDR zur Kur geschickt worden. Viele erlebten diese Zeit negativ, doch ihre Erfahrungen blieben oft unausgesprochen. Lena Gilhaus stieß durch Zufall auf das Thema. Als sie erfuhr, dass ihr eigener Vater als Kind zur Kur geschickt wurde, begann sie mit ihren Recherchen. Die Veröffentlichung einer ersten Recherche über Kinderkuren 2017 löste eine Lawine von Erinnerungen und Erfahrungen aus: Unzählige Menschen meldeten sich aus allen Teilen des Landes, um ihre Geschichten zu teilen.

Filmemacherin Lena Gilhaus, Foto: privat

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